Sebastian Kogel und seine Kollegen sorgen in der Diakonie dafür, dass die Bewohner weiter bestens versorgt werden.
Während viele Menschen ihre Arbeit in Zeiten des Coronavirus vom Homeoffice aus erledigen oder sogar gezwungen sind, ihre Arbeit gänzlich ruhen zu lassen, leisten wiederum andere einen besonders wichtigen Beitrag für die Gesellschaft und sorgen dafür, dass wichtige Bereiche des Lebens am Laufen gehalten werden. Sie arbeiten in Arztpraxen und Krankenhäusern, sitzen in Supermärkten an den Kassen, fahren Streife oder kümmern sich in Pflege- und Altenheimen um Menschen, die tägliche Unterstützung für die Bewältigung des Alltags brauchen. Zu diesen „Helden des Alltags“ zählen auch die Pflegekräfte und Betreuer der Diakone Pfingstweid, die sich trotz massiver Einschränkungen weiter um das tägliche Wohlergehen von Menschen mit Einschränkungen kümmern.
Mit Lejla Zejcirovic, 23 Jahre, Heilerziehungs- und Altenpflegerin und Sebastian Kogel, 31 Jahre, Heilerziehungspfleger, beschreiben zwei von ihnen im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, wie sich ihr Arbeitsalltag durch die Corona-Pandemie verändert hat, wie sie das tägliche Leben mit ihren Klienten gestalten und wie sie mit dem Druck umgehen, täglich in engstem Kontakt mit besonders gefährdeten Personen zu stehen.
Zejcirovic und Kogel sind Teil eines Teams, das sich vollstationär um die Betreuung von zehn Menschen im Alter zwischen 45 und 75 Jahren mit überwiegend kognitiven Einschränkungen kümmert. Ihre Klienten, wie die zu betreuenden Personen genannt werden, leben in Haus C, dem Pflegehaus der Diakonie Pfingstweid. In dieser Wohneinheit ist der Betreuungsaufwand hoch und reicht bis zur vollständigen Übernahme fast aller Lebensbereiche. In der stationären Fachpflege erhalten die Bewohner eine ganzheitliche 24-Stunden-Begleitung. „Der Schwerpunkt in unserer Wohneinheit liegt ganz klar auf der Pflege der Menschen, aber da wir den ganzen Tag mit ihnen verbringen, gehört die Beschäftigung auch immer mit dazu“, erklärt Zejcirovic, die bereits seit acht Jahren in der Diakonie arbeitet, den beruflichen Alltag im Pflegehaus.
Bisher hat die Diakonie Pfingstweid noch keinen Corona-Krankheitsfall unter den zu betreuenden Personen verzeichnen. Damit das auch so bleibt, werden auch hier die Regeln zur Minimierung der sozialen Kontakte sowie die strengen Hygienemaßnahmen strikt umgesetzt. Dadurch hat sich der Alltag im Pflegehaus natürlich drastisch verändert. „Seit dem Ausbruch der Corona-Krise finden keine gemeinsamen Aktivitäten mehr außerhalb des Hauses oder außerhalb der Gruppe statt“, erklärt Sebastian Kogel, der selber erst seit rund fünf Wochen für die Diakonie arbeitet. Dies schränke grade die Möglichkeiten der Beschäftigung natürlich sehr ein, jedoch finde sich immer etwas, womit man sich gemeinsam unterhalten könne. Zudem wurden pädagogische Fachkräfte aus der sogenannten Tagesstruktur zur Unterstützung auf die Wohngruppen verteilt, um die Beschäftigung der Klienten trotz der Einschränkungen sicherstellen zu können.
„Normalerweise gehen alle Bewohner einer täglichen Beschäftigung in einer der Werkstätten nach oder sie sind in der Seniorenbetreuung. Diese gewohnte Tagesstruktur fällt aktuell total weg“, erklärt Nora Gollob, Leiterin der Kommunikationsabteilung der Diakonie Pfingstweid. Das gemeinsame Leben finde nur noch in den Räumen der Wohngruppen statt. Einzige Ausnahme sind Spaziergänge auf dem Gelände der Diakonie, die, im Gegensatz zu sonst aber nur noch in Begleitung eines Mitarbeiters gestattet sind.
„Wir versuchen den Alltag natürlich so schön wie möglich zu gestalten.Wir haben ja jetzt sehr viel Zeit und die Klienten, die sonst zum Arbeiten gehen, genießen auch die Tatsache, dass sie mal ausschlafen können“, erklärt Zejcirovic. Tatsächlich sei das Arbeiten in der Pflege zum Teil entspannter als sonst, da viele Termine wegfallen. „So können wir uns jeden Morgen überlegen, was wir machen möchten.“ Zu Ostern wurde beispielsweise viel gemalt und gebastelt, Eier wurden ausgeblasen und gefärbt oder die Räume österlich dekoriert. „Wir finden immer eine schöne Beschäftigung und Langeweile gibt es bislang bei uns nicht“, so die Heilerziehungspflegerin.
Von den Bewohnern werden die Umstellungen ganz unterschiedlich aufgenommen. „Wir haben einen Klienten, der ist kognitiv eigentlich recht fit und geht im Normalfall zum täglichen Arbeiten zu ZF. Ihm konnten wir den Sinn der Maßnahmen schnell verständlich machen. Allerdings sind lange nicht alle Klienten kognitiv so so gut drauf und diesen Menschen fällt die Umstellung zum Teil deutlich schwerer“, so Kogel. Mittlerweile hätten sich aber alle Bewohner damit abgefunden, dass das Haus weder zum Arbeiten, noch für die gewohnten Arbeits- und Freizeitaktivitäten verlassen werden darf.
Eine ebenfalls sehr große Umstellung ist das Kontaktverbot zu den Angehörigen. Viele Bewohner besuchen ihre Familien sonst regelmäßig auf Ausflügen oder werden von ihnen in der Einrichtung besucht. Dieser direkte körperliche Kontakt fällt weg und ist schwer zu vermitteln. Allerdings ist die Diakonie nach Aussage von Gollob bereits dabei, eine Videokommunikation mit den Angehörigen einzurichten, um so zumindest virtuelle Besuche zu ermöglichen.
Aber natürlich hat sich der Alltag nicht nur für die Bewohner der Wohngruppe geändert. „Die Situation erfordert in sehr vielen Bereichen von allen eine hohe Flexibilität. Es gibt keine persönlichen Übergaben mehr, sondern alles wird schriftlich festgehalten, um Kontakte zwischen den einzelnen Teams zu vermeiden. Außerdem ändern sich die Dienstpläne häufiger und man muss dann doch immer mal wieder einen freien Tag hergeben“, beschreibt Kogel die Umstellungen, fügt aber auch gleich an, dass vom Pflegepersonal über die pädagogischen Fachkräfte bis zum Reinigungspersonal „alle an einem Strang ziehen“ und man sich für die Aufgabe gewappnet fühle. Trotzdem ist dem Personal die Schwere der Aufgabe natürlich bewusst.
„Ich halte mich sehr genau an die bestehenden Vorgaben und passe bei allem, was ich im privaten tue sehr genau auf. Schließlich arbeiten wir mit besonders gefährdeten Klienten in der Wohngruppe. Viele haben Vorerkrankungen und ich bin ihnen täglich sehr nah. Aber ich glaube nicht, dass ich mehr eingeschränkt bin, als jeder andere im Moment“, so Zejcirovic. Ähnlich sieht es auch der 31-jährige Kogel, der nach eigener Aussage keine Angst um seine eigene Gesundheit hat. „Was mich viel mehr umtreibt, ist der Gedanke, dass ich die Krankheit übertragen könnte ohne es zu merken. Nicht nur in der Arbeit, sondern auch zu Hause, wo meine Partnerin daheim bleibt um uns zu schützen, während ich täglich zur Arbeit gehe. Das ist schon eine gewisse psychische Belastung.“
Für den Fall der Ausbreitung der Krankheit unter den Angestellten berät ein täglicher Krisenstab in der Diakonie über die zu treffenden Maßnahmen. Neben den bereits umgesetzten Maßnahmen wurde mittlerweile ein 16-köpfiges Notfallteam zusammengestellt, das im Fall von zu vielen Erkrankungen unter der Belegschaft zum Einsatz kommen kann.
Dennoch bleiben die Mitarbeiter der Diakonie durchweg positiv eingestellt. Sie erledigen ihre Arbeit nicht nur ebenso gewissenhaft wie vor dem Ausbruch der Pandemie, sondern sie haben sich mit den Einschränkungen so gut arrangiert wie es eben geht und sorgen dafür, dass die Menschen, die auf sie angewiesen sind, auch weiterhin die Pflege und die Unterhaltung bekommen, die sie brauchen und verdienen.
Foto: Diakonie Pfingstweid e.V.
Artikel: Bastian Schmidt, Schwäbische Zeitung, 16.04.2020