08.07.2019

Was die Diakonie am Meistersteig will - Interview der Schwäbischen Zeitung mit Vorstand Lars Kehling

Auf zwei Grünflächen soll gebaut werden dürfen. Beide dienen laut Anwohnern im Quartier derzeit als Treffpunkt. (Foto: Mark Hildebrandt)

 

Am Meistersteig steht ein neuer Bebauungsplan an: Insbesondere gegen die darin geplante Möglichkeit des Häuserbaus auf zwei Grünflächen hatten Anwohner Anfang Mai im Rathaus eine Unterschriftenliste übergeben. Das Argument: Das Areal sei in dieser Form von hoher Bedeutung für die Bewohner des Quartiers.

Tettnangs Bürgermeister Bruno Walter hatte damals erklärt, es gebe hierzu einen Dialog mit der Diakonie Pfingstweid. Im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung hat Pfingstweid-Vorstand Lars Kehling erklärt, warum diese beiden Flächen für die Diakonie von Interesse sind – die die Anwohner selbst als zentralen Treffpunkt bezeichnen.

Derzeit gebe es noch keine konkrete Planung für die beiden Grundstücke, aber durchaus schon Vorstellungen, was dort geschehen könnte, sagt Kehling. Eine Überlegung der Stadt Tettnang sei in diesem Zusammenhang gewesen, die beiden kleineren Flächen zu einer einzigen, dann größeren zusammenzuführen. Die Straßenführung würde dann geändert werden müssen. Auf der südlichen Wiese mit den Obstbäumen könnte dann ein längergezogenes Gebäude entstehen.

In dem könnten dann auf maximal zwei Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss etwa 16 Menschen mit Behinderung einziehen. In dem Gebäude ist laut Kehling eine Mischung aus Wohnungen und Wohngruppen denkbar. Bei der ersten Wohnform läuft die Versorgung der Bewohner in der Regel nur tagsüber, bei den Wohngruppen – wie etwa auch in der Weinstraße – 24 Stunden am Tag.

„Wir brauchen nur ein Gebäude“

Die Diakonie habe noch kein Geld für einen Entwurf investiert, auch wenn es ähnliche Unterlagen aus anderen Projekten gebe, so Kehling. Klar sei: „Es gibt keinen Plan, das Grundstück komplett zu überbauen.“ Was auf der anderen Seite heißt: Auch wenn an dieser Stelle ein zweites Baufenster vorhanden sein sollte, spricht aus Sicht Kehlings nichts dagegen, die Kastanie weiter an ebendieser Stelle zu belassen. „Ich kann den Ort als Auftakt des Hopfenpfads verstehen“, sagt der Pfingstweid-Vorstand. Und: „Wir brauchen ja nur ein Gebäude auf der südlichen Seite.“ Er verweist aber auch darauf, dass die Pflege etwa für das Hopfenpfad-Schild dann auch weiter bei der hierfür verantwortlichen Stelle liegen müsste.

Das Interesse am Meistersteig rührt laut Kehling auch daher, dass das Grundstück dort verschiedene Kriterien erfüllt: So verbaue man mit der Fläche auf dem an die Steigung anschließenden Plateau niemandes Sicht, und der Abstand zu weiteren Gebäuden sei auch nicht zu nah. Zudem sei der Standort noch zentrumsnah genug. Und mit Blick auf die Integration der Bewohner: „Wir bauen im Gemeinwesen für Menschen, die im Gemeinwesen leben können.“

Das Ganze steht im Kontext der Dezentralisierung von Pflegeeinrichtungen. Die großen Heimkomplexe früherer Zeiten weichen Wohnformen außerhalb. Diese Dezentralisierung ist vom Gesetzgeber so gewollt, der Prozess läuft auch bereits seit geraumer Zeit. Das heißt aber auch, dass die Diakonie bestimmte Flächen nicht selbst für Wohnbau nutzen kann. Das betrifft etwa die landwirtschaftliche Fläche hinter dem Ranken. Für dezentrale Einrichtungen braucht es einen Abstand von mindestens 500 Meter. Das Diakoniegelände in Pfingstweid liegt aber direkt über die Straße und ist damit zu nah.

Die Idee: ein Grundstückstausch

„Hier können wir uns eine Art Grundstückstausch vorstellen“, sagt Kehling. Wobei es auch hier lediglich Sondierungsgespräche gegeben habe: „Es sind keine Verträge oder Vorverträge vorhanden.“ So sei es möglich, in dem Gebiet hinter dem Ranken ein neues Quartier zu entwickeln. Sprich: Wo die Diakonie selbst nicht bauen würde, wäre die Entwicklung mit einem anderen Träger möglich, so die Idee dahinter.

Einige Anwohner am Meistersteig hatten damals bei der Übergabe ein mulmiges Gefühl, dass der Prozess schon weiter sei, als bekannt worden sei. Bürgermeister Walter hatte da erwidert, dass es noch nichts zu sagen gebe, weil der Prozess noch am Anfang sei, dass die Bürger aber informiert und beteiligt werden würden. Das sagt auch Kehling: Er plant, die Anwohner am Meistersteig ebenfalls zu informieren und auch mitzunehmen.

Schwäbische Zeitung 6.07.2019, Mark Hildebrandt

 

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